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Martina Künsberg Sarre zu Kindergärten in Zeiten von Covid-19

Bei der heutigen Pressekonferenz mit NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre und Landessprecher Eduard Posch wurde der vor kurzem präsentierte CoV-Leitfaden für Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen einem Fairness- und Realitätscheck unterzogen.

„Die Coronakrise entwickelte sich von einer Gesundheitskrise zu einer Wirtschafts- und Gesellschaftskrise und letztendlich auch zu einer bildungspolitischen Krise. Wie unter einem Brennglas zeigte sich, dass die Bildungsschere dadurch noch größer wurde und dass auch die Weiterentwicklung des elementarpädagogischen Bereichs verschlafen wurde“, so Künsberg Sarre. Dass abseits von Corona die elementarpädagogische Entwicklung vernachlässigt wurde zeigt auch eine OECD Studien, die deutlich macht, dass wir in puncto Gruppengrößen und Anzahl der Pädagogen das absolute Schlusslicht bilden. Wir sind der Meinung, dass sich jeder Cent, der in die erste Bildungsstätte der Kinder investiert wird, rechnet. Das ist wichtig für jeden Einzelnen, die Gesellschaft und auch die Volkswirtschaft. Schweden und Norwegen dienen hier als Vorbild, sie investieren rd. 2 % ihres BIP in diese Einrichtungen, bei uns sind es lediglich 0,6 %. Uns ist klar, dass dies nicht von heute auf morgen geht, darum braucht es einen Stufenplan.“

Unterzieht man nun die von der Bildungsdirektion vorgestellten Richtlinien für Kindergärten ab Herbst einem Realitäts- und Fairnesscheck so stellt man sehr schnell fest, dass diese absolut nicht realitätstauglich ist.

„Spätestens bei der Stufe „orange“ in Kindergärten fängt es an, realitätsfern zu werden, da diese Stufe vorsieht, dass kein Durchmischen der Gruppen mehr stattfinden soll. Wer Kindergärten von innen kennt weiß, dass vor allem in der Früh und am Abend Kinder in gemeinsamen Gruppen zusammengefasst werden. Auf dem vorgestellten Papier steht nun: kein Durchmischen von Gruppen. Wie das in der Praxis aussehen soll, ist mehr als fragwürdig. Will man das so gestalten, muss man sich klar sein, dass dies mehr Mitarbeiter_innenstunden bedeutet. Unseres Wissens sind jedoch kein zusätzliches Personal und kein zusätzliches Budget vorgesehen. Es wird daher ein Corona-Sonderbudget für Kindergärten geben müssen, wenn man die Einhaltung der Ampelfarben ernst nimmt“, fährt Künsberg Sarre fort. „Auch beim Fairnesscheck fallen die Leitlinien der Bildungsdirektion durch. Schon vor der Coronakrise haben Pädagoginnen und Pädagogen eine große Verantwortung für die Kleinsten in unserer Gesellschaft übernommen, sie fördern sie, unterstützen sie und arbeiten mit ihnen, eine enorme Verantwortung für diese Berufsgruppe und das wird jetzt durch die Coronakrise nochmal verstärkt, es gibt viel Körperkontakt, wenn Kinder traurig sind, werden sie getröstet und es ist kein Abstandhalten möglich. Darum fordern wir seit Wochen, dass es auch vermehrt Tests für Pädagogen und Pädagoginnen geben soll, sowohl in Kindergärten als auch in Schulen, wie es bei Gesundheitsberufen der Fall ist. Wir wollen auch hier eine Fast-Lane bei Testungen, dass Verdachtsfälle innerhalb von 24 Stunden abgeklärt werden, um weitere Unsicherheit zu vermeiden. Was wir auch vermissen ist Aufklärung und Informationen Pädagog_innen gegenüber, um ihnen Sorgen und Ängste so gut es geht zu nehmen und auch um sich auszutauschen, was gut funktioniert hat und was nicht.“

 

Die CoV-19-Leitlinien der Landesregierung sowie die damit verbundenen Problematiken im Detail:

  • Die vorgelegten Richtlinien geben keine Klarheit und Sicherheit für die Mitarbeiter_innen in den Betreuungseinrichtungen. Im Gegenteil: Sie tragen mehr zur Verunsicherung bei. Das Konvolut von 36 Seiten ist inhaltlich überladen, eine Anhäufung von zig Wiederholungen, ist unübersichtlich und enthält Passagen und Musterformulare, die auch nach mehrmaligen Lesen nicht verständlich sind.

 

  • Vor allem aber berücksichtigen die Richtlinien nicht die Erkenntnisse über das Virus, die seit dem Frühjahr gewonnen wurden: Kinder sind keine Super-Spreader: Kinder unter 12 Jahren übertragen das Virus nur selten an andere Kinder oder Erwachsene. Gesichert ist damit: Kinder sind keine Treiber, sie spielen eine völlig unbedeutende Rolle im Ansteckungsgeschehen. Die geringe Bedeutung der Kinder am Ansteckungsgeschehen steht somit in keiner Relation zur damit verbundenen Belastung durch überschießende Maßnahmen.

 

  • Der Leitfaden ist geprägt von einer eher panikartigen Vorgangsweise aufgrund eines Verdachtsfalles und ist in seiner vollen inhaltlichen Festlegung nicht umsetzbar. Es hat den Anschein, dass diese Richtlinien die Funktion der Absicherung der politisch Verantwortlichen und der Rechtsträger – in der Regel die Gemeinden - hat. So nach dem Motto: „Wir haben ja mit dem Leitfaden alles gemacht, damit nichts passieren kann. Wenn was passiert, dann weil die Pädagog_innen und Mitarbeiter_innen sich nicht genau daran gehalten haben. Die Verantwortung wurde an die Leitungen und Mitarbeiter_innen der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen abgeschoben, ohne die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

 

  • Der Rechtsträger – in den allermeisten Fällen die Gemeinden – können auch ohne behördliche Anordnung der Gesundheitsbehörden eine eigenständige Schließung des Kindergartens oder einer Kinderkrippe vornehmen. Es ist aber vollkommen unklar, wann und unter welchen Umständen eine solche eigenständige Schließung stattfinden kann. Es kann nicht sein, dass es vom Gutdünken eines Bürgermeisters abhängt, ob es eine Kinderbetreuung gibt oder nicht. 

 

  • Das Land hat gemeinsam mit den Gemeinden eine pandemiegerechte Betreuung zu garantieren. Wenn die Kindergärten die verordneten Richtlinien und das angekündigte Corona-Ampelsystem tatsächlich auch umsetzen sollen und es nicht nur eine Leitlinie auf dem Papier bleiben soll, braucht es wesentlich mehr als bisher angekündigt.

 

Wir NEOS fordern daher in einem 5 Punkte-Programm:

1.     Sofortige Überarbeitung und Vereinfachung der Richtlinien und der Musterformulare unter Einbeziehung von Pädagog_innen und Gemeinden. 

2.     Sonderbudget für Kindergärten für Personal und Raumressourcen:
Um die in den Richtlinien geforderten Maßnahmen umsetzen zu können, muss es eine massive Aufstockung beim Personal geben. Nur so können die vorgeschriebenen Maßnahmen wie die Verkleinerung der Gruppen und keine Durchmischung – vor allem an den Randzeiten - Ausdehnung der Bring- und Abholzeiten realisiert werden. Bei einer Vollauslastung von bis zu 25 Kindern pro Gruppe kann eine Gruppe nicht handlungsfähig bleiben und die Vorgaben nicht umgesetzt werden.

Vor allem braucht es auch mehr Unterstützungspersonal für die Umsetzung der Hygienemaßnahmen wie wiederholtes Reinigen und Desinfizieren von Räumen, Bildungsmaterial, Gegenstände wie Lichtschalter und Türklinken sowie regelmäßiges Lüften. Es kann und darf nicht sein, dass die pädagogische Arbeit darunter leidet, weil die Pädagog_innen ständig mit Putzarbeiten beschäftigt sind.

Kurzfristig ist das vor allem durch Überstunden oder das Aufstocken von Teilzeitverträgen machbar, was Zusatzkosten bedeutet. Dafür braucht es ein Sonderbudget – sowohl beim Land als auch den Gemeinden.

Es muss die Möglichkeit geben, dass in beengten Kindergärten problemlos zusätzliche Räumlichkeiten angemietet werden können, um dort die Kinder besser aufteilen zu können.

3.     Umfassende Teststrategie und Fast Lane:
In der Gesamtarchitektur für den künftigen Kindergartenbetrieb sind die Tests ein zentraler Pfeiler. Entscheidend sind Tempo und Sicherheit. Es fehlt aber eine umfassende Teststrategie für die Kindergärten. Wir fordern eine Fast Lane für Tests von Verdachtsfällen, d. h. dass ein Kind an dem Tag wo es glaubt, dass es Symptome hat sofort getestet wird, zu Hause bleibt und noch am selben Tag ein Ergebnis bekommt. Nur wenn wir schnell testen können, können mögliche Infektionen rasch erkannt und die anderen Kinder in den Gruppen auch isoliert werden. Regelmäßige und schnelle Corona-Testungen des Personals.

4.     Klare, transparente Regeln bei eigenständiger Schließung durch die Gemeinde:
Es braucht klare und transparente Regeln, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde auch ohne behördliche Anordnung der Gesundheitsbehörden eine eigenständige Schließung des Kindergartens oder einer Kinderkrippe vornehmen kann. Solche sind sofort zu erstellen und zu kommunizieren.

5.     Mobile multiprofessionelle Teams:
Um die Folgen des Lockdowns, der Wochen, in denen die Kinder nicht in den Kindergarten durften auffangen zu können, gibt es einen großen Bedarf an psychologischer, psychotherapeutischer und sozialarbeiterischer Hilfe für viele Kinder und Eltern. Zumindest tageweise wären diese Professionen vor Ort wichtig. Solche mobilen multiprofessionelle Teams gehört aufgebaut.

 

Übersicht über die 5 Punkte:

  1. Sofortige Überarbeitung und Vereinfachung der CoV Richtlinien unter Einbeziehung der Pädagoginnen und Gemeinden.
  2. Sonderbudget für Kindergärten für Personal- und Raumressourcen
  3. Umfassende Teststrategie und Fast Lane
  4. Klare, transparente Regeln bei eigenständiger Schließung durch die Gemeinde
  5. Mobilie multiprofessionelle Teams

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